17.11.2014

Reutlinger General-Anzeiger

Supercross – Aranda sorgt für französischen Triumph in Stuttgart. Freestyler mit verändertem Aufbau noch effektvoller

STUTTGART. Dennis Garhammer hatte nicht zuviel versprochen. »Die spektakulärste Show, die Stuttgart je gesehen hat«, lautete die Ankündigung des neuen Freestyle-Organisators vor dem 32. Stuttgart er Supercross. In der Tat sorgten die fünf Motorrad-Akrobaten für verblüfftes Staunen auch bei denjenigen Zuschauern, die schon Zeugen vieler Shows waren. »So etwas habe ich noch nie gesehen«, war Reimund Elbe, Pressesprecher des Veranstalters ADAC, der schon seit über einem Jahrzehnt die Szene verfolgt, fast sprachlos. Michael Saur legte verbal noch einen drauf. »Das war abartig – von der Schwierigkeit und der Wirkung her«, meinte der erfahrene Rennleiter, der wie Garhammer seine Heimat beim 1. RMC Reutlingen hat. Dem Club, der erneut in Stuttgart ein Helfer-Team stellte.

Garhammers Maßnahme, den Standort von Absprungrampe und Aufsprunghügel zu verändern und damit höhere und um vier Meter weitere Flüge der Freestyler zu ermöglichen, zahlte sich absolut aus. Die verwegenen Flugkünstler schienen bei ihren Tricks unter dem Dach der Schleyerhalle sekundenlang zu schweben, die Sprünge, darunter reihenweise spektakuläre Rückwärtssalti (Backflips) , kamen noch effektvoller rüber. Für Amüsement sorgte der Kontrapunkt, Romain Izzos Mini-Backflip knapp über dem Hallenboden. Nach dem Auftritt klopfte Vater Michael Garhammer, einst Seitenwagen-Vizeweltmeister, dem Sohnemann sichtlich stolz auf die Schulter. Dennis Garhammer, der selbst zu den fünf begeisternden Freestylern gehörte, strahlte über das ganze Gesicht. »Ich habe davor ein bisschen Angst gehabt, dass es vielleicht nicht so passt. Aber alles hat super geklappt. Es war eine geniale Atmosphäre in der Halle«, sagte der 26-jährige Mössinger, der in den nächsten fünf Wochen bei vier weiteren Shows seine Flug-Künste vorführen wird. Außer Garhammer und Izzo waren der für sein Alter sensationelle Luc Ackermann (16) aus Thüringen, Davide Rossi (Italien) und der Russe Alexej Kolesnikow im Einsatz.

»Alles hat super geklappt. Es war eine geniale Atmosphäre«

Abseits der Rampe, auf der Strecke des wieder fantasievoll und abwechslungsreich vom Belgier Freddy Verherstraeten gebauten Kurses, dominierte Gregory Aranda. Der Franzose, im Vorjahr bereits Gesamtsieger der ADAC-Supercross-Serie, gewann am Freitag und wurde am Samstag Dritter. Damit krönte er sich zum »König von Stuttgart«, obwohl er wegen einer Beinverletzung vor kurzem noch zwei Wochen ausgefallen war. »Jetzt gönne ich mir vielleicht einen Liter Schampus«, grinste der KawasakiPilot schalkhaft.

Die deutschen Hoffnungen ruhten auf Dennis Ullrich. Doch der Mitfavorit, der im September mit dem deutschen Team Fünfter bei der Mannschafts-WM in Lettland geworden war, verpasste das Finale und scheiterte an beiden Tagen im Hoffnungslauf. Der Wechsel des Motorrads von KTM zu Suzuki, der erst vor kurzem erfolgt war, macht ihm noch zu schaffen, wie er selbst einräumte. »Das ist eine große Umstellung. Es fehlt noch ein bisschen das Wohlbefinden und die Sicherheit«, sagte der 21-Jährige, dem aber auch nicht der feuchte Filderboden mit seinen Rillen in die Karten spielte.

Auffallend ist, dass der letzte deutsche Sieg in Stuttgart (in der Top-Klasse SX1) durch Andreas Boller bereits zwölf Jahre zurückliegt. Das hat seinen Grund vor allem in der starken Konkurrenz – insbesondere aus Frankreich und den USA, wo es im Gegensatz zu Deutschland Supercross-Meisterschaften und somit bessere Trainingsmöglichkeiten gibt. »Warum nicht die SX2 zur nationalen Klasse machen, um dort ein paar Jungs für die SX1 aufzubauen?«, regt Boller an. Die Organisatoren hatten in der Vergangenheit bereits solche Überlegungen. »Im Grunde hat er damit recht. Aber wir haben in Deutschland zu wenig Fahrer, um sie in der SX2-Klasse zusammenzubringen. Es muss ja auch vom Niveau her stimmen«, sagt Saur. Gesamtsieger der Rennen bis 250 ccm wurde der Brite Matthew Bayliss. Bei Veranstalter ADAC freute man sich über insgesamt 15700 Zuschauer an beiden Tagen.